Vater baut seinem Sohn eigenen Bolzplatz

Simmertal ist eine kleine, nur knapp 2000 Einwohner zählende Gemeinde bei Bad Kreuznach in Rheinland-Pfalz. Wer hier Fußball spielen will, kickt entweder beim örtlichen VfL oder muss weit fahren. So ist es auch im Hause Heblich. Während Papa Ralf selbst früher die Schuhe für den Bezirksligisten geschnürt hat, will Sohn Louis hoch hinaus. Um dem elfjährigen Torwarttalent den Traum vielleicht sogar von einer Profikarriere zu ermöglichen, macht Ralf Heblich nicht nur ordentlich Kilometer, sondern hat auch vor der Haustür Hand angelegt. Vier Jahre hat es gedauert, das Material heranzuschaffen und alles aufzubauen, doch nun ist der Traum eines jeden kickenden Kindes wahr geworden: Louis Heblich hat einen eigenen Bolzplatz, er muss nur rausgehen und einen Ball dabeihaben.

FUSSBALL.DE: Herr Heblich, wie kamen Sie darauf, Ihrem Sohn – und natürlich auch den Nachbarskindern – einen eigenen Bolzplatz zu bauen?

Ralf Heblich: Wir hatten früher ja selber hier schon unseren eigenen Bolzplatz, allerdings war das nur eine abschüssige Wiese ohne Tore und ohne Umrandung. Immer wenn einer den Ball geschossen hat, ist er in der Botanik gelandet. (lacht)  Irgendwann kam ich dann auf die Idee, einen richtigen Bolzplatz zu bauen. Weil auf dem Areal aber eine alte Holzhalle stand, die erst abgerissen werden musste, hat es insgesamt vier Jahre gedauert, bis alles fertig war.

Haben Sie alles alleine gemacht?

"Wenn die Jungs aus der Nachbarschaft keine Zeit haben, ist er auch alleine draußen und übt für sich."

Heblich: Das meiste schon, mein Bruder Frank hat ab und zu geholfen. Erst habe ich mir einen Bagger geliehen und den Platz geebnet. Die Tore und die Spielfeldumrandung habe ich von zwei Vereinen, die nicht mehr aktiv sind oder waren, geschenkt bekommen. Die Tore sind vom SV Boos, die waren aber so nicht mehr zu gebrauchen, die musste ich aufarbeiten und neue Netze kaufen. Die grünen Barrieren habe ich mir vom Sportplatz des SV Meckenbach besorgt und ein wenig ausgebessert. Und die Netze für die Umzäunung sind von einer Gerüstbaufirma, der Zaun selber von einem alten Hühnerstall.

Das nennt man Upcycling…

Heblich: Es ist immer gut, wenn Dinge noch verwendet werden können. Das spart Geld und ist nachhaltig. Das meiste Geld habe ich für einen Gabionenzaun ausgegeben, um den Bolzplatz vom Nachbargrundstück trennen zu können.

Louis ist begeistert, oder?

Heblich: Auf jeden Fall! Er kann jederzeit rausgehen und bolzen. Wenn die Jungs aus der Nachbarschaft keine Zeit haben, ist er auch alleine draußen und übt für sich. Das ist optimal, denn für sein Vereinstraining müssen wir immer bis nach Mainz fahren, das sind 60 Kilometer pro Strecke. Vor zwei Jahren ist Louis einem Scout von Mainz 05 bei einem Hallenturnier aufgefallen. Dann haben wir ihn beim TSV Schott Mainz, einem Partnerverein des FSV Mainz 05, angemeldet. Jetzt spielt er beim SV Gonsenheim , einem Partnerverein von Eintracht Frankfurt, in der U 13.

Und träumt von der Bundesliga!

Heblich: Sogar von der Nationalmannschaft! Er ist sehr ehrgeizig und tut alles für den Fußball. Neben den zwei Trainingseinheiten pro Woche in Gonsenheim hat er noch einmal die Woche ein DFB-Stützpunkttraining. Und in seinem Zimmer hat er einen Rebounder, da kann er üben. Manchmal wird es zu Hause aber zu laut, vor allem, wenn er Doppelpass mit dem Bettkasten spielt. (lacht)  Jetzt hat er ja den Bolzplatz vor der Tür und kann jederzeit draußen kicken. Uns ist aber wichtig, dass er die Schule nicht vernachlässigt.

Für welchen Klub schlägt Ihr Herz?

Heblich: Durch die sportliche Nähe zum FSV Mainz, sind Louis und ich natürlich den 05ern nähergekommen, aber eigentlich schwärmen wir für den FC Bayern. Da hat es auch mal eine schöne Begegnung mit Joshua Kimmich gegeben.

Erzählen Sie bitte!

Heblich : das ist schon ein paar Jahre her. Wir waren im Urlaub, im Bayerischen Wald, ich habe geguckt, ob die Bayern irgendwo in der Nähe spielen. Das war der Fall, nämlich ein Auswärtsspiel beim FC Augsburg. Es war kurz vor Saisonschluss, zum Glück haben wir noch kurzfristig Karten bekommen. Ins Stadion haben wir eine selbstgebastelte Meisterschale mitgenommen und die nach dem Abpfiff, die Bayern haben natürlich gewonnen, stolz herumgezeigt. Plötzlich sprach uns ein Herr an, ob er sich die Meisterschale einmal für ein Foto ausleihen dürfe. Ich wusste nicht, wer das war, und hab die Schale gerne abgegeben. Da sagte mir mein Sitznachbar: "Das ist der Vater von Joshua Kimmich." Der kam dann auch kurze Zeit später, dann haben wir schöne Fotos gemacht.

Ein Riesenansporn für Louis, um selbst einmal das Trikot der Bayern zu tragen, oder?

Heblich: Das wäre das Größte für ihn, aber welches Kind, das Fußball spielt, will nicht in die Bundesliga? Louis wird jedenfalls weiter fleißig trainieren, ob es dann später mal tatsächlich für ganz oben reichen wird, muss man sehen. Das Projekt Bolzplatz geht auf jeden Fall weiter, als nächstes möchte ich ein Flutlicht bauen. Deswegen habe ich schon Kontakt zu Rüdiger Lanz aufgenommen. Er ist aus dem Ort und hat eine gut laufende Manufaktur für LED-Lichttechnik. Er hat Aufträge in der ganzen Welt und im Bereich Fußball schon unter anderem das Berliner Olympiastadion mit Leuchtmitteln ausgestattet. Ich hoffe, dass er ebenfalls Freunde an unserem Bolzplatz hat.

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Unvergessliche Begegnung: Louis Heblich (l.) mit Bayerns DFB-Kapitän Joshua Kimmich.

Autor*in
Autor/-in: Günter Schneider