Torjäger Jakubowski: Aus der Abwehr nach vorn

Dass Yannik Jakubowski vom FC Kilia Kiel aus der Oberliga Schleswig-Holstein im Rennen um die Torjägerkanone für alle in der 5. Liga zur Winterpause ganz vorne liegt, ist äußerst bemerkenswert. Schließlich ist der 34 Jahre alte Routinier eigentlich Innenverteidiger. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht der ausgebildete Sport- und Fitnesskaufmann über seine Torgefährlichkeit und den möglichen Aufstieg.

FUSSBALL.DE: Mit dem FC Kilia Kiel überwintern Sie an der Spitze der Oberliga. Wie sehr genießen Sie den Blick auf die Tabelle, Herr Jakubowski?

Yannik Jakubowski: Wir freuen uns sehr, dass es für uns nach dem Abstieg aus der Regionalliga Nord so gut läuft. Wir sind nicht komplett überrascht, aber damit gerechnet hat auch nicht jeder. Wir sind noch ungeschlagen, haben von 20 Spielen 16 gewonnen. Den guten Lauf wollen wir im neuen Jahr möglichst fortsetzen.

Mit 22 Toren nach nur 16 Einsätzen haben Sie entscheidenden Anteil am Gesamterfolg. Wie fühlt sich das an, Erster in der bundesweiten Wertung bei der Torjägerkanone für alle zu sein?

"Der Positionswechsel scheint sich auszuzahlen"

Jakubowski: Tatsächlich hatte ich das erst vor wenigen Wochen von einem guten Kollegen erfahren. Seitdem habe ich das Ranking im Blick. (lacht) Ich war bis dahin immer auf meine Liga konzentriert, will einfach nur Tore schießen. Ich profitiere aber auch von meinen jungen Mitspielern, die mich wunderbar in Szene setzen und die Tore überragend vorbereiten.

Wie sehr beflügelt Sie der Gedanke, eventuell die Torjägerkanone zu gewinnen?

Jakubowski: Priorität hat die Meisterschaft. Wenn ich mit meinen Toren dazu beitragen kann, wäre es umso schöner. Ich bin jetzt 34 Jahre alt, würde mich unglaublich freuen, wenn ich am Saisonende Torschützenkönig der Oberliga werden könnte. Das ist neben der Meisterschaft jetzt ein Ziel, was ich zusätzlich verfolge.

Sie sind gelernter Innenverteidiger und dennoch so torgefährlich. Wie kann das sein?

Jakubowski: Schon in der Jugend war ich Stürmer, bin dann aber Schritt für Schritt jeweils eine Position nach hinten gewandert. (lacht) Im Seniorenbereich habe ich schon alle Positionen in der Viererabwehrkette gespielt. Wenn es auf der Sechserposition eng wurde, habe ich auch das gemacht. Als ich 2014 vom damaligen Regionalligisten VfR Neumünster zum ersten Mal zum FC Kilia Kiel wechselte, hatte sich viel geändert. Zum einen absolvierte ich eine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann, andererseits meinte mein damaliger Trainer, dass ich als Abwehrspieler in der Verbandsliga verschenkt sei. Er stellte mich beim FC Kilia Kiel fortan als Stürmer auf. Das Ende vom Lied war, dass ich mit 27 Toren Torschützenkönig wurde.

Sie haben es schon angesprochen: In der Vorsaison waren Sie mit dem FC Kilia Kiel aus der Regionalliga Nord abgestiegen. Wie sehr schmerzt diese Wunde noch?

Jakubowski: Ein Abstieg ist nie schön. Aber im tiefsten Inneren wussten wir alle, was auf uns zukommt. Wir haben weiterhin nur dreimal in der Woche abends trainiert und sind tagsüber unserer Arbeit nachgegangen. Wir wollten die Regionalliga ausprobieren, aber das Experiment ist schiefgegangen.

In der Regionalliga war Ihnen in der zurückliegenden Spielzeit kein Treffer gelungen. Wie ist so etwas möglich?

Jakubowski: In der Abstiegssaison wurde ich ausschließlich in der Abwehr eingesetzt.

Dennoch: Wie sind Sie mit der Durststrecke umgegangen?

Jakubowski: Das war kein Problem für mich, weil ich mich komplett auf das Verteidigen konzentriert hatte. In dieser Saison kam mein Trainer auf mich zu und meinte, dass ich in der Oberliga wieder in vorderster Front gebraucht werde. Der Positionswechsel scheint sich ja auszuzahlen. (lacht)

Mittlerweile sind Sie 34 Jahre jung. Wie schwer fällt es Ihnen, mit den jüngeren Spielern im Training mitzuhalten?

Jakubowski: Wenn ich nicht mehr mithalten könnte, dann wäre es ein Zeichen, dass ich aufhören müsste. Aber das ist nicht der Fall. Aus diesem Grund habe ich meinen Vertrag auch schon für die nächste Saison vorzeitig verlängert. Ich kann mit den Jungs noch sehr gut mithalten, das ist nicht das Problem.

Was würde Ihnen der Gewinn der Torjägerkanone bedeuten?

Jakubowski: Das wäre die Kirsche auf der Sahnetorte, wenn ich deutschlandweit als bester Torjäger in der 5. Liga ausgezeichnet werden würde. Das würde mich schon mit Stolz erfüllen. Weder die Tabellenführung noch die Führung in der Torschützenliste möchte ich noch abgeben.

Wie würden Sie Ihre besonderen Qualitäten beschreiben?

Jakubowski: Ich bin viel in der Box unterwegs, würde mich als reinen Strafraumstürmer bezeichnen. Dass mir ein Treffer außerhalb des 16-Meter-Raums gelingt, ist eher selten der Fall. In dieser Saison habe ich bereits vier Kopfballtore erzielt, was nicht oft bei mir vorkommt. Im Grunde verlasse ich mich in erster Linie auf meinen starken rechten Fuß, weil der linke nur zum Stehen und Hochspringen da ist. (lacht)

Vor zwei Jahren waren Sie Athletiktrainer bei der U 17 von Holstein Kiel. Wie ist dieses Engagement zustande gekommen?

Jakubowski: Das war auf meine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann zurückzuführen. Mein ehemaliger Fußballkollege Patrick Nagel, mit dem ich beim VfR Neumünster zusammengespielt hatte, rief mich damals an, ob ich mir das vorstellen könnte. Ich hatte bei den "Störchen" bei der U 16 angefangen und dann zwei Jahre in gleicher Funktion bei der U 17 gearbeitet, darunter ein Jahr lang in der damaligen Staffel Nord/Nordost der B-Junioren-Bundesliga.

Warum haben Sie dort aufgehört?

Jakubowski: Das war nach dem Aufstieg mit dem FC Kilia Kiel in die Regionalliga Nord zeitlich nicht mehr zu stemmen. Holstein hatte im Nachwuchsbereich Umstrukturierungen vollzogen und wollte, dass ich bei den Spielen am Wochenende dabei bin. Das konnte ich nicht leisten. Ich trainiere mit dem FC Kilia Kiel dreimal in der Woche und habe mittlerweile einen Vollzeitjob im Öffentlichen Dienst. Meine zwei Kinder wollen mich auch mal zu Gesicht bekommen. (lacht) Meine ebenfalls berufstätige Frau unterstützt mich, wo sie kann. Sonst wäre mein Engagement im Fußball so nicht möglich. An dieser Stelle aber auch vielen Dank an meinen Vater, der die Kinder manchmal ins Bett bringen muss.

Mit welchen persönlichen Zielen starten Sie in das neue Jahr?

Jakubowski:  Wir haben uns gerade ein Haus gekauft, befinden uns inmitten der Renovierungsarbeiten, wollen dieses Projekt so schnell wie möglich abschließen. Sportlich will ich mit dem FC Kilia Kiel Meister werden, verletzungsfrei bleiben und so lange wie möglich Fußball spielen.

https://www.dfb.de/fileadmin/_processed_/202412/csm_314034-JakubowskiKiel2_44bfec8511.jpg

Ungeschlagener Tabellenführer: Die Kieler marschieren durch die Oberliga Schleswig-Holstein.

https://www.dfb.de/fileadmin/_dfbdam/314035-JakubowskiKiel3.jpeg

Trägt das Siegergen in sich: Jakubowski (Mitte) stieg bereits 2023 mit Kilia Kiel auf.

Autor*in
Autor/-in: Peter Haidinger/MSPW