Nachwuchsschiri Huß: "Kann es kaum abwarten"
Giuliana Huß, die vor dem DFB-Pokalfinale der Frauen zwischen dem FC Bayern München und dem VfL Wolfsburg am Donnerstag (ab 16 Uhr, live im ZDF und bei Sky) auf den Vorwiesen des Kölner RheinEnergieStadions bei einem Mädchenturnier als Schiedsrichterin im Einsatz ist, hat vermutlich eine der weitesten Anreisen. Die 15-Jährige ist am Bodensee zu Hause und pfeift für die FSG Zizenhausen-Hindelwangen-Hoppetenzell.
Im FUSSBALL.DE -Interview spricht Giuliana Huß über das DFB-Projekt "Profi wird Pate" , an dem sie teilnehmen darf, Deniz Aytekin und ihre Kindheitsfreundin Alara Sehitler, die mit dem Deutschen Meister FC Bayern im Pokalendspiel gegen Seriensieger VfL Wolfsburg steht.
FUSSBALL.DE: Wie ist Deine Leidenschaft für das Schiedsrichterwesen entstanden, Giuliana?
Giuliana Huß: Ich habe selbst in meinem Heimatverein FSG Zizenhausen-Hindelwangen-Hoppetenzell Fußball gespielt, musste aber schon mit 13 Jahren wegen Knieproblemen aufhören. Schon während meiner aktiven Zeit habe ich Schiedsrichter-Lehrgänge besucht. Ich fand es immer cool, wenn ich Schiedsrichter*innen im Fernsehen bei ihrer Arbeit zuschauen durfte.
"Ich fand es immer cool, wenn ich Schiedsrichter*innen im Fernsehen bei ihrer Arbeit zuschauen durfte"
Kannst Du Dich noch an Deinen ersten Einsatz als Schiedsrichterin erinnern?
Huß: Klar. Ich habe am 22. März 2023 das D-Jugendspiel zwischen dem FC 03 Radolfzell 2 gegen SG Überlingen/Ried bei den Jungs gepfiffen. Als Pate hat mich damals unser Gruppenobmann Michael Klaiber begleitet und unterstützt. Inzwischen darf ich schon Spiele in der Kreisliga A der Frauen leiten.
Gibt es Schiedsrichter*innen, die Du Dir zum Vorbild nimmst?
Huß: Grundsätzlich sind für mich alle Schiedsrichter-Kolleg*innen. Bei den Frauen finde ich Fabienne Michel und Sina Gieringer super. Ihre Präsenz auf dem Platz und die Art, wie sie mit den Spielerinnen umgehen, ist schon klasse. Bei den Männern ist es Deniz Aytekin, der schon wegen seiner Körpergröße eine imposante Erscheinung ist. Seine präzise Spielleitung hat mich inspiriert, auch wenn ich nur 1,60 Meter groß bin. (lacht)
Wie gehst Du mit dem Druck um, knifflige Szenen möglichst korrekt zu entscheiden?
Huß: Damit habe ich keine Probleme. Ich kann gut damit umgehen, weil ich meine Spiele reflektiere und ständig an mir arbeite. Wenn Spieler*innen allerdings meinen, sie müssten mich verbessern, dann kann ich auch mal etwas lauter werden. (lacht)
Hand aufs Herz: Gab es schon Situationen, in denen Du Dir den VAR gewünscht hättest?
Huß: Abseitssituationen sind immer ein wenig knifflig, weil ich in den unteren Spielklassen an den Seitenlinien in der Regel keine Assistentinnen habe und somit auf mich allein gestellt bin. Manche Szenen sind schwierig, andere wiederum offensichtlich zu beurteilen. Bei ganz knappen Entscheidungen schreit jeder von draußen rein. Deshalb hätte ich grundsätzlich nichts gegen eine Unterstützung durch den VAR. Bis dahin muss ich aber wohl noch ein wenig warten. (lacht)
Wie bereitest Du Dich auf ein Spiel vor und kannst Du anderen jungen Schiedsrichter*innen auch schon Tipps für Ihr Auftreten auf dem Platz geben?
Huß: Meistens weiß ich etwa schon fünf Tage vorher, wo ich meinen nächsten Einsatz habe. Ich versuche, immer mindestens eine Stunde vor dem Spiel vor Ort zu sein, spreche mit den Trainern und schaue mir die Platzbedingungen genau an. Entweder fahren mich meine Eltern oder mein Opa zu den Spielen. Als junge Schiedsrichterin sollte man sich nicht unterkriegen lassen, sondern immer selbstbewusst bleiben und sich nicht verunsichern lassen - auch und gerade, wenn man bei einer Entscheidung mal danebengelegen hat.
Sitzen bei Dir die Karten ziemlich locker?
Huß: Wenn Spieler*innen permanent nörgeln, dann werden sie mit einer Gelben Karte von mir verwarnt. Ich musste bisher aber noch nie eine Rote Karte zeigen.
Im Rahmen des Pokalfinales der Frauen bist Du auf Empfehlung des Südbadischen Fußballverbandes auf den Vorwiesen des Kölner RheinEnergieStadions bei einem Mädchenturnier im Einsatz. Wie sehr freust Du Dich bereits auf Deinen Auftritt?
Huß: Ich kann es kaum erwarten, freue mich schon seit Wochen darauf, dass ich dieses Event miterleben darf. Für mich ist es das absolute Highlight. Ich war noch bis Dienstag beim DFB-Länderpokal der U 14-Juniorinnen in der Sportschule Wedau in Duisburg, hatte dort einige Einsätze als Schiedsrichter-Assistentin. Jetzt auch in Köln dabei zu sein, ist mega.
Im Rahmen des DFB-Projekts "Profi wird Pate" wirst Du von einer Bundesliga-Schiedsrichterin gecoacht und unterstützt. Verspürst Du schon ein kleines Kribbeln?
Huß: Obwohl ich erst vor Ort erfahren werde, wer meine Patin sein wird, kann ich es kaum abwarten. Ich bin schon jetzt sehr aufgeregt, will meine Sache so gut wie möglich machen.
Anschließend steht ab 16 Uhr das Pokalfinale zwischen dem FC Bayern München und Titelverteidiger VfL Wolfsburg im RheinEnergieStadion an. Bei aller Neutralität: Welchem Team wirst Du die Daumen drücken?
Huß: Als Zuschauerin hoffe ich auf einen Sieg des FC Bayern, weil mich mit Mittelfeldspielerin Alara Sehitler eine Kindheitsfreundschaft verbindet. Ich freue mich sehr auf das Wiedersehen.
Worauf bist Du beim DFB-Pokalendspiel besonders gespannt?
Huß: Auf die Stimmung im Stadion und darauf, ob es ein spannendes Duell wird. Zu einem Drittel werden ich auf das Spiel achten, zu zwei Dritteln werde ich meine Aufmerksamkeit aber Schiedsrichterin Miriam Schwermer und ihren Assistentinnen widmen.
Welche Ziele und Träume verfolgst Du selbst in Deiner noch jungen Laufbahn als Schiedsrichterin?
Huß: Ich bin sehr wissbegierig, möchte noch viel lernen. In der nächsten Saison steige ich in die Kreisliga A der Männer auf, werde dort Spiele leiten. Mein Traum ist es, irgendwann in der Google Pixel Frauen-Bundesliga als Schiedsrichterin auf dem Platz zu stehen.