MSV Neuruppin: Kicken mit Modric und Co.

Weltstar Luka Modric und Co. zum Anfassen: Die Fußballfans in Neuruppin im Norden von Brandenburg konnten in den zurückliegenden Tagen dem Aufgebot der kroatischen Nationalmannschaft für die UEFA EURO 2024 in Deutschland ganz nah kommen.

Zunächst wurde dem WM-Dritten von 2022 und Finalisten von 2018 auf dem Schulplatz, im Herzen der Stadt, von rund 3500 Menschen bei einem Willkommensfest ein warmer Empfang bereitet. Einen Tag später zeigte sich das Team von Nationaltrainer Zlatko Dalic bei einer öffentlichen Trainingseinheit im Volksparkstadion des MSV 1919 Neuruppin aus der sechstklassigen Brandenburgliga .

Der öffentlich vergebene Großteil der 4000 kostenlosen Tickets für das Training war in weniger als vier Minuten komplett vergriffen. Das Volksparkstadion hätte vermutlich um ein Vielfaches gefüllt werden können. "Es gibt kaum jemanden in der Stadt, den der Besuch der kroatischen Nationalmannschaft nicht interessiert", beschreibt MSV Neuruppins Vorstandsmitglied Gregor Haake, der federführend für die Kommunikation rund um das Base Camp verantwortlich ist, im Gespräch mit FUSSBALL.DE die Freude in der Geburtsstadt des Schriftstellers Theodor Fontane.

Base Camp "grandiose Sache"

"Bei uns ist der Puls der Europameisterschaft deutlich zu spüren"

"Schon im Jahr 2022 kam der DFB auf uns zu, ob wir Interesse daran hätten, Base Camp während der EM im eigenen Land zu sein", so Haake. "Da wir in Zusammenarbeit mit dem Resort Mark Brandenburg bereits Teams wie den FC Hansa Rostock oder den FC Sevilla zu Gast hatten, war uns schnell klar, dass wir uns als Team dafür bewerben. Wir wurden dann auch als einer der möglichen Standorte in den Katalog der UEFA aufgenommen." Mit der Auslosung der Gruppenphase im Dezember 2023 stand fest, welche Teams für einen Aufenthalt in Neuruppin in Frage kommen würden.

"Anhand der Spielorte waren neben Kroatien beispielsweis auch die Niederlande interessiert. Die Kroaten haben aber schnell und beherzt zugegriffen, noch bevor sie sich die Gegebenheiten persönlich vor Ort angeschaut haben", sagt Gregor Haake. Die kroatische Nationalmannschaft bekommt es in der Gruppenphase mit Spanien (Samstag, ab 18 Uhr in Berlin), Albanien (19. Juni, ab 15 Uhr in Hamburg) und Italien (24. Juni, ab 21 Uhr in Leipzig) zu tun. Alle drei Stadien sind von Neuruppin aus schnell zu erreichen. Aber auch im weiteren Turnierverlauf würden die Kroaten vor Ort bleiben. "Ein Base Camp zu sein, ist für uns eine grandiose Sache - macht uns glücklich und stolz", so der Vereinsfunktionär.

Um mit dem Volksparkstadion ein guter Gastgeber zu sein, standen für den MSV 1919 Neuruppin vor dem Besuch noch einige Aufgaben auf dem Programm. "Im Volksparkstadion war ein kleiner Sanierungsstau entstanden", so Haake. "Ein Base Camp für die Europameisterschaft zu sein, hat wie ein Turbo gewirkt. Maßnahmen, die für die nächsten drei bis fünf Jahre vorgesehen waren, konnten wir deutlich zeitiger umsetzen."

Die Stadt Neuruppin steuerte als Eigentümer der Spielstätte einen Zuschuss in Höhe von 160.000 Euro bei. Ein wesentlicher Punkt war dabei der Umzug der Geschäftsstelle des MSV Neuruppin aus der Innenstadt zurück ins Volksparkstadion. Gregor Haake: "Uns war es wichtig, als Schaltzentrale auch nah dran am Base Camp zu sein. Auch im Anschluss an die EM werden wir als Verein von dem Standort profitieren."

Rasen auf Topniveau

Neben den zahlreichen ehrenamtlichen Mitarbeitenden, die unter anderem dabei geholfen hatten, das Volksparkstadion aufzuräumen, es von Unkraut zu befreien und den Kabinentrakt zu streichen , unterstützte der Landessportbund den MSV 1919 Neuruppin mit 80.000 Euro, die vor allem für die Erneuerung des Flutlichts eingesetzt wurden. "Die Anlage war mit Halogenlampen in die Jahre gekommen", berichtet Haake. "Die LED-Strahler leuchten den Platz nicht nur heller und besser aus, sie verbrauchen dabei auch weniger Strom."

Weitere 80.000 Euro steckte der Sechstligist mit Hilfe von Sponsoren und Unterstützern in die Projekte. Ein besonders wichtiges Thema war dabei der Rasen. "Der kroatische Verband hat früh signalisiert, welche Bedeutung ein guter Untergrund für die Vorbereitung auf die schwere Gruppenphase hat", erklärt Gregor Haake. "Wir haben die Spielfläche quasi einmal komplett auf links gedreht. Der Rasen wurde vertikutiert und gelüftet. Es wurden ein speziell auf die Struktur ausgelegter Dünger angemischt und tonnenweise Sand aufgetragen. Wir haben uns gemeinsam mit einer Spezialfirma aus Berlin um den Platz wie um ein Neugeborenes gekümmert - und konnten einiges für die künftige Rasenpflege lernen."

Um die gewünschten Fortschritte beim Rasen zu dokumentieren, wurden teilweise sechs Fotos am Tag an einen Rasen-Beauftragten der UEFA geschickt, der sich auch mehrfach ein Bild vor Ort gemacht hat. "So wussten wir, wo wir noch nachbessern mussten. Nun hat der Rasen beinahe Champions-League-Niveau", betont Haake stolz.

Um den Platz zu schonen, spielten die Teams des MSV 1919 Neuruppin bereits seit Mitte März ausschließlich auf einem der vier Nebenplätze des Volksparkstadions - so auch im abschließenden Heimspiel der Saison in der Brandenburgliga am Samstag (ab 14 Uhr) gegen die TSG Einheit Bernau . "Mit den nachhaltigen Verbesserungen, die auch nach der Europameisterschaft Bestand haben werden, wollen wir mittelfristig unsere sportlichen Ambitionen unterstreichen", so Haake. "Von der runderneuerten Anlage sollen und werden alle Mitglieder des MSV profitieren."

Nachwuchs darf mit Profis spielen

Der Höhepunkt auf dem neuen Grün im Neuruppiner Volksparkstadion war natürlich die öffentliche Trainingseinheit der kroatischen Nationalmannschaft. "Den Mannschaftsbus vorfahren zu sehen, war ein besonderes Gefühl", schwärmt Gregor Haake. "Zuschauer haben mir erzählt, dass sie Gänsehaut bekommen haben. Ich auch." In der Einheit ging es dabei ordentlich zur Sache. "Das war definitiv kein Sommerkick."

Dabei zeigte sich das kroatische Team um die Bundesligaprofis Josip Stanisic (Bayer 04 Leverkusen), Josip Juranovic (1. FC Union Berlin), Lovro Majer (VfL Wolfsburg) und Andrej Karamic (TSG Hoffenheim) äußerst nahbar. "Die Spieler haben sich rund um das Training viel Zeit genommen, um Fotos zu machen oder Autogramme zu schreiben."

Jeweils fünf Nachwuchsspieler der benachbarten Vereine Eintracht Alt Ruppin und Union Neuruppin sowie 30 Kinder vom MSV 1919 Neuruppin bekamen im Anschluss sogar die einmalige Gelegenheit, mit den kroatischen Spielern zu kicken. "Das war keine B-Elf - sofern es die bei solch einem Kader überhaupt gibt", sagt Haake. "Die Kinder waren total aus dem Häuschen, sich mit Luka Modric oder Josko Gvardiol von Manchester City die Bälle zuzuspielen." Nicht nur deswegen haben der MSV und die Stadt Neuruppin "total Bock darauf, die kroatische Nationalmannschaft so lange wie möglich bei uns zu haben. Bei uns ist der Puls der Europameisterschaft deutlich zu spüren".

Mit dem Eröffnungsspiel Deutschland gegen Schottland am Freitag (ab 21 Uhr) startet im Zentrum von Neuruppin ein für jeweils 600 bis 800 Besucher*innen ausgelegtes und vom MSV organisiertes Public Viewing. Gezeigt werden dabei neben den Partien des DFB-Teams auch die Spiele von Kroatien. Vielleicht dann ja sogar auch das mögliche direkte Duell während der K.o-Phase. "Das aber am liebsten erst im Endspiel", so Haake.