Marcel Kühlinger: Schweinfurts Multitalent
Erst Mitarbeiter der Geschäftsstelle, dann Nachwuchstrainer und seit einigen Tagen Teil der Sportlichen Leitung beim 1. FC Schweinfurt 05. Mit erst 26 Jahren hat Marcel Kühlinger beim Traditionsverein aus der Regionalliga Bayern viele Aufgaben. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht Kühlinger, der auch noch für die DJK Schwebenried/Schwemmelsbach in der Landesliga am Ball ist, über seine Fußballjobs.
FUSSBALL.DE: Wie oft mussten Sie sich schon anhören, dass Sie fußballverrückt sind, Herr Kühlinger?
Marcel Kühlinger: Das kommt schon mehrmals die Woche vor. (lacht) Ich bin tatsächlich ein wenig in die verschiedenen Aufgaben reingerutscht. Geplant war das nicht. Nachdem ich jeweils gefragt worden bin, ob ich mir das vorstellen kann, habe ich zugesagt. Für mich gibt es nichts Schöneres, als sich viel mit dem Hobby Fußball zu beschäftigen.
Wie hatte alles angefangen?
"Für mich gibt es nichts Schöneres, als sich viel mit dem Hobby Fußball zu beschäftigen"
Kühlinger: Ich hatte zunächst Jura studiert. Relativ schnell habe ich aber gemerkt, dass es viel zu extrem ist, neben dem Lernen auch noch in der Landesliga für die DJK Schwebenried/Schwemmelsbach zu spielen. Aus meiner Zeit im Nachwuchs und bei der zweiten Mannschaft des 1. FC Schweinfurt 05 hatte ich noch gute Kontakte zur Geschäftsstelle. Von dort bekam ich die Anregung, ob es für mich vielleicht nichts wäre, ein Studium im Bereich Sport zu absolvieren. Im Rahmen meines Studiums habe ich dann auch meine ersten Erfahrungen auf der Geschäftsstelle gesammelt. Ich hatte beispielsweise rund um das damalige DFB-Pokalspiel gegen den FC Schalke 04 geholfen. Daraufhin wurde ich angesprochen, ob ich das nicht noch länger machen möchte.
Wie kam dann noch die Aufgabe als Trainer dazu?
Kühlinger: Unser damaliger U 15-Trainer und NLZ-Leiter Christian Brauner hatte mich gefragt, ob ich ihn nicht unterstützen will, da er in der Großindustrie im Schichtbetrieb gearbeitet hatte. Nach seinem Abschied habe ich die Mannschaft gemeinsam mit Dominik Hugo betreut und übergangsweise die Nachwuchsabteilung geleitet. Da sich für das NLZ kein idealer Kandidat ergeben hatte, wurde ich von Sportvorstand Dominik Groß gefragt, ob ich die Aufgabe nicht weiterhin übernehmen kann. Bei uns im Verein ist die Verbindung zwischen der Nachwuchsabteilung und der ersten Mannschaft sehr ausgeprägt. Da ich besonders zum damaligen Cheftrainer Tobias Strobl einen guten Draht hatte, habe ich für ihn hin und wieder Videoanalysen erstellt. Der Plan war dann, dass ich bei der U 19 und bei der ersten Mannschaft als Co-Trainer tätig bin. Nachdem Tobias aber im April 2022 freigestellt worden war, hatte sich das Konzept geändert, auch die Verpflichtung eines neuen U 19-Trainers gestaltete sich zu diesem späten Zeitpunkt schwierig. Ein wenig aus der Not heraus, habe ich dann die A-Junioren übernommen.
Was hat Sie daran gereizt, nun auch noch in der Sportlichen Leitung tätig zu sein?
Kühlinger: Durch die Tätigkeit in der Geschäftsstelle des Vereins hatte ich von früheren Sportlichen Leitern viele Abläufe mitbekommen. Besonders Björn Schlicke vertraute mir viele Aufgaben an. Dem aktuellen Sportlichen Leiter Andreas Brendler stand ich daher auch schon ein wenig beratend zur Seite, sodass er mich gefragt hat, ob ich ihn dauerhaft unterstützen will. Ich kann mich mit dem eingeschlagenen Weg des Vereins total identifizieren. Schon zu Zeiten der Zugehörigkeit zur 2. Bundesliga gab es viele Spieler aus der Region. Über die Jahre ist der Aspekt weniger geworden. Durch die Umstrukturierung vom Profi- auf Amateurfußball wollen wir das wieder mehr in den Fokus rücken.
Mit Max Wolf vom Bayernligisten TSV Abtswind steht bereits der erste Zugang für die nächste Saison fest. Hatten Sie schon da Ihre Finger mit im Spiel?
Kühlinger: Nicht direkt. Im Vorfeld der Verpflichtung haben Andreas Brendler und ich natürlich über den Spieler gesprochen, den ich grundsätzlich vorher schon ein wenig kannte. Die Wechselverhandlungen hat allerdings Andreas geführt, noch bevor ich Teil der Sportlichen Leitung geworden bin.
Wie häufig kommt es vor, dass der Tag nicht genug Stunden hat?
Kühlinger: Es kommt darauf an. Das Gefühl habe ich eigentlich nur, wenn ich etwas nicht erledigen konnte, was ich mir für einen Tag vorgenommen habe. Natürlich gehört es bei so vielen Aufgaben dazu, gut strukturiert zu sein. Ich hatte einfach das Gefühl, dass der Verein mich braucht. Und da der 1. FC Schweinfurt 05 von klein auf mein Klub ist, übernehme ich sehr gerne die Aufgaben.
Sie haben es angedeutet: Schon in der Jugend waren Sie für den 1. FC Schweinfurt 05 am Ball. Erwischen Sie sich manchmal beim Gedanken, wie schön es wäre, in der Regionalliga für die erste Mannschaft am Ball zu sein?
Kühlinger: Das werde ich relativ oft gefragt. Nachdem ich in der vergangenen Saison für die DJK Schwebenried/Schwemmelsbach in der Landesliga in 35 Spielen 29 Treffer erzielt hatte, kam das Thema Regionalliga schon noch mal kurz auf. Wenn man ehrlich ist, wäre die vierthöchste Spielklasse für mich fußballerisch das Maximum - wenn überhaupt. Der Aufwand würde sich dann sicherlich nicht mehr mit meiner Tätigkeit als Jugendtrainer vereinbaren lassen. Und die Arbeit mit der U 19 will ich nicht aufgeben.
Schon seit Sommer 2017 tragen Sie das Trikot der DJK Schwebenried/Schwemmelsbach. Was schätzen Sie am Verein?
Kühlinger: Einer meiner besten Freunde, Yannick Deibl, mit dem ich schon in der Schweinfurter Jugend gemeinsam gespielt hatte, war ein wesentlicher Grund für meinen damaligen Wechsel. Das Umfeld ist sehr familiär und bodenständig. Viele unserer Zugänge sind über uns Spieler zum Kader gestoßen. Weil sich viele Jungs untereinander schon vorher kannten, passen die Spieler gut in unsere homogene Gruppe. Es ist längst zu einer Tradition geworden, dass wir donnerstags nach dem Training noch zwei, drei Stunden gemeinsam im Sportlerheim verbringen.
Wie kann man sich bei Ihnen den Wochenablauf vorstellen?
Kühlinger: Priorität hat ganz klar die U 19. Entsprechend versuche ich alle weiteren Termine vor unsere Trainingseinheiten zu legen. Wir stehen in der Woche dreimal auf dem Platz, zusätzlich steht für die Jungs noch eine Einheit mit unserem Athletiktrainer auf dem Programm. An den restlichen Abenden bin ich bei der DJK im Training. Bis zur Winterpause hat es erfreulicherweise zeitlich sehr gut gepasst, in der Landesliga zu spielen und gleichzeitig die U 19 in der Bayernliga zu betreuen. Im Saisonendspurt werde ich voraussichtlich leider nicht mehr ganz so oft selbst auf dem Platz stehen können.
Nach 162 Einsätzen kommen Sie auf die beachtliche Bilanz von 75 Treffern. In dieser Saison sind Ihnen dagegen nur drei Tore gelungen. Woran liegt das?
Kühlinger: Wir haben bisher insgesamt als Team kein einfaches Jahr. Wir hatten während der Vorbereitung mit einigen Verletzungen zu kämpfen. Außerdem standen uns einige wichtige Spieler zunächst nicht zur Verfügung, weil sie nach ihrem abgeschlossenen Studium und dem Lernstress erst einmal in den Urlaub gegangen sind. Dadurch mussten viele Jungs auf Positionen spielen, auf denen wir sonst selten zum Einsatz kommen. Statt im Sturmzentrum habe ich zum Beispiel oft als Sechser oder Zehner gespielt.
Welche Ziele haben Sie sich für diese Saison noch gesteckt?
Kühlinger: Mit der DJK Schwebenried/Schwemmelsbach wollen wir ganz klar den Klassenverbleib sichern. Wenn ich mir die Qualität in unserem Kader anschaue, bin ich sehr zuversichtlich. Mit der U 19 des 1. FC Schweinfurt 05 geht es in der Bayernliga am Samstag mit einem Topspiel beim drittplatzierten FC Memmingen weiter. Wenn die Chance noch besteht, die zwei Zähler entfernte SpVgg Unterhaching einzuholen, wollen wir die als Zweitplatzierter ergreifen. In erster Linie geht es darum, viele Spieler auf die Regionalliga vorzubereiten. Da sind wir mit unter anderem Lauris Bausenwein, Elias Wehner und Torhüter Emil Zorn, die zur neuen Saison aufrücken werden, auf einem sehr guten Weg. Unsere erste Mannschaft spielt nach der Umstrukturierung mit Rang fünf eine gute Rolle. Wir sind momentan in Gesprächen, weitere Jungs über den Sommer hinaus zu halten, um erneut eine sorglose Runde spielen zu können.
In welchem Bereich sehen Sie sich in Zukunft?
Kühlinger: In nächster Zeit will ich die Vorbereitungen treffen, um die A-Lizenz absolvieren zu können. Sonst ist es mein Ziel, so breitgefächert wie möglich aufgestellt zu sein. Ich will in allen Bereichen bestmöglich helfen können.