Häßler beim FC Spandau: "Regelrechter Boom"

Ein Welt- und Europameister wird in der bevorstehenden Saison 2024/2025 in der achtklassigen Bezirksliga Berlin Staffel 2 an der Seitenlinie stehen. Vor wenigen Tagen gab Landesliga-Absteiger FC Spandau 06 die Verpflichtung von Thomas "Icke" Häßler (58) als neuem Cheftrainer bekannt. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht der Spandauer Vereinsvorsitzende Costantino Lombardo über den Trainercoup.

FUSSBALL.DE: Wie kam der Kontakt zu Thomas Häßler zu Stande, Herr Lombardo?

Costantino Lombardo: Das war purer Zufall. Wir waren eigentlich schon mit zwei Trainern sehr weit, die sich dann aber noch ein wenig Bedenkzeit erbeten hatten. Das war für uns kein Problem. Plötzlich bekam ich jedoch einen Anruf von Christian Schmidt, der zu diesem Zeitpunkt noch als Betreuer beim 1. FC Wilmersdorf in der Berlin-Liga tätig war. Er wollte wissen, ob die Trainerposition noch zu besetzen ist. Er hätte einen Kandidaten neben sich stehen. Als er das Telefon weitergereicht hatte, war auf einmal Thomas Häßler am anderen Ende der Leitung. Ich habe es erst für einen Scherz gehalten. Ich habe ein paar Freunde, die sich gerne mal einen Spaß erlauben. Als ich dann aber "Ich bin's, Icke" gehört habe, war mir klar: Ich habe wirklich einen Welt- und Europameister am Telefon.

War viel Überzeugungsarbeit notwendig?

"Als ich dann aber 'Ich bin's, Icke' gehört habe, war mir klar: Ich habe wirklich einen Welt- und Europameister am Telefon"

Lombardo: Wir haben zunächst für bestimmt 30 Minuten telefoniert und uns dabei unterhalten, als würden wir uns seit 20 Jahren kennen. Bei "Icke" war vom ersten Moment an die Lust zu spüren, beim FC Spandau 06 anzupacken und nach seiner Pause wieder als Trainer zu arbeiten. Ich bin zunächst noch nicht in Euphorie verfallen. Denn ähnliche finanzielle Mittel wie sein vorheriger Verein BFC Preussen können wir nicht bieten. Nachdem wir uns einige Male aber auch persönlich getroffen haben war klar, dass es Thomas bei seinem Engagement bei uns nicht ums Geld geht. Er war sehr daran interessiert, was wir als Verein vorhaben.

Thomas Häßler war schon zuvor einige Jahre als Trainer im Berliner Amateurfußball aktiv. Wie erleben Sie seine Arbeit?

Lombardo: Mit Club Italia war Thomas gleich in seinem ersten Jahr von der Bezirks- in die Landesliga aufgestiegen. 2019 folgte der Sprung in die Verbandsliga. Den BFC Preussen hatte er ebenfalls von der Landesliga in die Berlin-Liga geführt. Wir sind sehr glücklich darüber, dass sich für uns nach dem Abstieg in die Bezirksliga eine unerwartete und riesige Tür geöffnet hat.

Wie haben Sie die Reaktionen auf die Verpflichtung wahrgenommen?

Lombardo: Wir erleben einen regelrechten Boom. Wir bekommen unzählige Anrufe und Nachrichten. Die Verpflichtung von Thomas Häßler ist ein großes Thema. Derzeit hält mein Handy-Akku nicht länger als fünf Stunden. (lacht) An jedem Donnerstag veranstalten wir unsere "Meckerecke", bei der langjährige Begleiter zusammenkommen und über den Verein sprechen. Es war die einhellige Meinung, dass unsere Außendarstellung besser werden muss. In Spandau waren wir zwischenzeitlich fast schon für tot erklärt. Nun sind wir wieder ein Gesprächsthema.

Welche Vorteile bringt es für den Verein mit sich, einen Welt- und Europameister in seinen Reihen zu wissen?

Lombardo: Neben seiner Erfahrung hat Thomas Häßler mit Chris Höche und Christian Schmidt seinen eingespielten Staff mitgebracht. Wir sind für viele Spieler interessanter geworden. Wo kann man schließlich sonst unter einem Welt- und Europameister trainieren? Das ist ein Pluspunkt, mit dem wir vielleicht noch den einen oder anderen Spieler aus unserem bisherigen Kader von einem Verbleib überzeugen können. Und auch potenzielle Sponsoren bekommen natürlich mit, was für einen großen Namen wir von nun an im Verein begrüßen dürfen.

Sorgt das gleichzeitig nicht auch für eine höhere Erwartungshaltung?

Lombardo: Es ist schon so, dass wir mit unserem langfristigen Projekt irgendwann bis in die Berlin-Liga vorstoßen wollen. Wir machen uns da aber keinen Druck, wollen vernünftig und transparent arbeiten und dabei nur Dinge umsetzen, die tatsächlich möglich sind. Ich bin zuversichtlich, dass wir das sportlich hinbekommen.

Ist der Wiederaufstieg das erklärte Ziel?

Lombardo: Der Klassenverbleib wäre in der abgelaufenen Spielzeit möglich gewesen. Wir hatten zum Saisonfinale ein "Endspiel" gegen unseren Mitkonkurrenten Berolina Mitte. Durch das 2:2 sind wir nur wegen der schlechteren Tordifferenz abgestiegen. Man muss aber auch so ehrlich sein: Mit dem Team wurde auch Geld verbrannt. Die künftige Staffeleinteilung steht seit wenigen Tagen fest. Wir werden schon probieren, gleich im ersten Jahr in der Bezirksliga um den Aufstieg mitzuspielen, dabei aber einen vernünftigen Weg verfolgen.

Autor*in
Autor/-in: Dominik Dittmar/MSPW