Albayrak: Erst Fenerbahce, jetzt Wilhelmsburg
Erhan Albayrak war früher in der Bundesliga für Werder Bremen und Arminia Bielefeld sowie in mehreren Vereinen der türkischen Süper Lig am Ball, darunter Fenerbahce Istanbul. Nach der aktiven Karriere trainierte der heute 46-Jährige verschiedene Vereine in Deutschland und der Türkei, zuletzt die U 16 von "Fener" und danach drei Monate als Co-Trainer FK Gostivar in Nordmazedonien. Es waren nur kurze Stationen, weil Erhan Albayrak gewisse Prinzipien wichtig sind. Welche, das erzählt der gebürtige Hamburger, seit zwei Wochen Coach des Hamburger Oberligisten FC Türkiye Wilhelmsburg, im FUSSBALL.DE-Interview.
FUSSBALL.DE: Erhan Albayrak, was war denn in Istanbul und Gostivar los?
Erhan Albayrak: Leider waren beide Stationen nicht ganz so erfreulich, deswegen habe ich auch nach kurzer Zeit jeweils gesagt, dass ich nicht weitermachen möchte. Fenerbahce ist ein großer Verein, es ist eine Ehre, dort arbeiten zu dürfen, aber ich lasse mir nicht in meine Arbeit als Trainer reinreden. Das war bei der U 16 von Fener ein Problem, denn die Eltern dort haben viel Macht. Wer Geld mitbringt und den Klub sponsert, erwartet auch, dass sein Sohn spielt. Bei mir geht es aber immer nur nach Leistung, wenn ein Junge gut ist und sich anbietet, spielt er auch – ganz egal, was die Eltern auf der Tasche haben.
Und wie war es in Nordmazedonien?
"Ich will die Jungs bei der Ehre packen, das ist für sie wichtig, so kann man vielleicht noch ein paar Prozent mehr herausholen"
Albayrak: Mir ist wichtig, dass man sich gegenseitig Respekt zollt – das gilt nicht nur für den Fußballplatz, sondern überhaupt im Leben. Dieser Respekt fehlte mit in Gostivar, daher habe ich nach ein paar Wochen die Reißleine gezogen. Das waren jetzt zwei Kapitel in meiner Laufbahn hintereinander, die ich am liebsten schnell vergessen möchte. Nun bin ich froh, zurück in meiner alten Heimat Hamburg zu sein.
Wie kam der Kontakt zum FC Türkiye Wilhelmsburg zustande?
Albayrak: Der Kontakt zum Verein war nie ganz abgebrochen, ich war ja 2016 dort schon einmal Trainer. Zwei Spieler von damals sind noch da, Kapitän Sahin Kaan Taflan und Torwart Tobias Braun. Wir stecken in einer schwierigen Situation, aber die Truppe hat Potenzial, sodass wir den Kampf um den Klassenerhalt bestimmt nicht aufgeben werden.
In diesem Jahr gab es bisher fünf Niederlagen in fünf Spielen, auch Sie haben in den ersten beiden Partien, seit Sie in Wilhelmsburg sind, beim Tabellenvorletzten das Ruder nicht herumreißen können. Was macht Ihnen Hoffnung, dass der FC Türkiye den Abstieg noch vermeiden kann?
Albayrak: Weil mir Jungs in diesen beiden Spielen gezeigt haben, dass sie willig sind und mithalten können. Das erste Spiel gegen den ETSV Hamburg war gut, da haben wir unglücklich 0:1 verloren. Der ETSV steht aber ebenso oben wie Altona 93, wo wir am Sonntag 1:5 verloren haben . Das war nicht so einseitig, wie es das Ergebnis ausdrückt. Zur Halbzeit stand es 1:1, danach haben wir uns leider hinten ein bisschen zu naiv angestellt, sodass du gegen eine Spitzenmannschaft wie Altona, die in die Regionalliga aufsteigen will, auch in dieser Höhe als Verlierer vom Platz gehen kannst.
Jetzt stehen zwei Heimspiele gegen Victoria und die Alsterbrüder an. Hört sich nach Wochen der Wahrheit an…
Albayrak: Ja, jetzt kommen einige sogenannte Sechs-Punkte-Duelle, in denen wir etwas holen müssen. Drei Mannschaften steigen ab, der Viertletzte kann sich vielleicht retten, je nachdem, was von oben runterkommt. Der Abstand zum rettenden Ufer ist nicht so groß, dass es unmöglich wäre, den Klassenerhalt noch zu schaffen. Ich will die Jungs bei der Ehre packen, das ist für sie wichtig, so kann man vielleicht noch ein paar Prozent mehr herausholen.
Und dann?
Albayrak: Ich habe beim FC Türkiye erst einmal bis zum Ende dieser Saison zugesagt, dann sehen wir weiter. Ich bin ja auch noch gemeinsam mit Mike Barten als Trainer der U 16 des Bremer Fußballverbandes tätig, das läuft auf jeden Fall weiter. Da haben wir sogar einen Titel zu verteidigen, letztes Jahr sind wir in der Altersklasse erst Norddeutscher Meister geworden und dann beim Finalturnier in Duisburg sogar Deutscher Meister. Das ist für solch einen kleinen Landesverband wie Bremen ein Riesenerfolg!
In Bremen sieht man Sie ohnehin öfter, und das als Hamburger…
Albayrak: Sie meinen die Werder-Traditionsmannschaft, richtig? Es ist immer ein Riesenspaß, mit Leuten wie Olli Reck, Torsten Frings, Philipp Bargfrede, Frank Ordenewitz, Fin Bartels, Ivan Klasnic und Ailton, um nur einige zu nennen, auf dem Platz zu stehen. Da ist aber momentan Pause, erst ab dem Sommer geht die Tingeltour über die Dörfer wieder los. Darauf freue ich mich schon!